Der Fokus der Restaurierung lag 2024, wie die vergangenen Jahre, auf Ausstellungsvorbereitung und Leihverkehr. So wurden 248 Leihanfragen für externe Ausstellungen bearbeitet, insgesamt reisten 101 Werke an 47 Ausstellungen, 34-mal wurden Werke begleitet. Der Erhaltungszustand weiterer 562 Werke wurde für die Ausstellungen und Sammlungspräsentationen kontrolliert und 266 konservatorisch oder restauratorisch bearbeitet. Die Kollaboration mit dem Cabaret Voltaire lief 2024 weiter. Am Tag der offenen Tür waren die Restaurierungsateliers für Fotografie und Medien für das interessierte Publikum geöffnet.
GEMÄLDE
Die zusätzlichen Ausstellungsformate in der Sammlung bringen für die restauratorische Betreuung jeweils eigene Herausforderungen mit sich. Neben «ReCollect!» sind das z. B. auch die wechselnden Präsentationen im Foyer Haefner im Chipperfield-Bau. Nach der Präsentation 2023 unserer eigenen grossformatigen Werke von Małgorzata Mirga-Tas wurden vier bemalte Stoffbanner von Faith Ringgold, die als temporäre Leihgaben gerollt ins Kunsthaus kamen, sowie zuletzt Werke der Künstlerin Pacita Abad präsentiert. Hier mussten die Arbeiten für die Präsentation so vorbereitet werden, dass sie bei Anlässen im Foyer leicht und ohne Gefährdung ab- und wieder aufgehängt werden konnten. Auch das ikonische Werk von Franz Gertsch «Franz und Luciano» erhielt vor dem Transport zur Ausstellung im Louisiana Museum in Humlebæk einen starren Rückseitenschutz.
Im Sommer erhielt das Kunsthaus die Gelegenheit, vier grossformatige Werke von Bacon, Richter und Hodler aus einer Privatsammlung für einige Jahre in die ständige Sammlung zu integrieren. Eine Auflage für die Präsentation dieser Leihgaben im Kunsthaus war, dass auch das bisher unverglaste zweiteilige Werk «Die Liebe» von Hodler durch eine Verglasung zu schützen ist. Da die Glasmasse über den normalen Produktionsmassen entspiegelter Gläser / Acrylgläser lagen, wurde ein aus zwei Gläsern zusammengeklebtes Spezialglas aus den USA bestellt, was für uns im Kunsthaus eine Premiere war, aber vom Ergebnis so überzeugend, dass es auch in Zukunft eine Option für die Verglasung von Überformaten sein wird.
SKULPTUREN / PLASTIK
Das Jahr 2024 begann für die Skulpturenrestaurierung mit der Ausstellung Barbara Vissers, mit aussergewöhnlichen Präsentationskonzepten. Im Bereich des Leihverkehrs wurden neue Transportkisten für folgende Werke konzipiert, ohne die ein gefahrenloser Transport nicht möglich gewesen wäre: «Figurine dans une boîte entre deux boîtes qui sont des maisons» von Alberto Giacometti, welches als Leihgabe ins Louisiana Museum nach Humlebæk ging und die «Nu de dos I – IV» von Henri Matisse, die nach Riehen in die Fondation Beyeler ausgeliehen wurden. Im Frühjahr und Sommer galt es, neben den Wechselausstellungen auch die Pflege der Aussenskulpturen und Plastiken anzugehen. Im Sinne der präventiven Konservierung wurde dabei das Höllentor dieses Jahr nicht nur gereinigt, sondern auch mit konservatorischen Massnahmen v. a. an den oberen drei Plastiken bedacht. Im Herbst stand die Neueinrichtung der Sammlung Looser im Chipperfield-Bau im Vordergrund. Hier wurde die Plastik «Grand geste végétal» von Giuseppe Penone restauriert. Parallel dazu galt es, die grosse, fragile und mehrteilige Plastik «Ombra di terra», ebenfalls von Penone, von seinem alten Standort ins Kunsthaus zu transportieren. Hierfür bedurfte es eines ausgeklügelten und innovativen Verpackungskonzepts, da das Werk mit seinen Tonelementen äusserst fragil ist.
KUNSTWERKE AUF PAPIER UND FOTOGRAFIE
2024 kamen Grafikliebhabende am Kunsthaus auf ihre Kosten. Bei Kiki Kogelnik gab es viele Zeichnungen und Collagen zu sehen, bei Walid Raad Tintenstrahldrucke und in der Marina Abramović-Ausstellung Fotografien ihrer Performances. Für die Ausstellung «Apropos Hodler» mussten in Zusammenarbeit mit dem Ausstellungsteam und der Schreinerei einige kreative Lösungen für die Präsentation von zeitgenössischen Werken auf Papier gefunden werden. Im Jahr 2024 war im Restaurierungsatelier Grafik / Foto das jahrelang von zwei Restauratorinnen geführte Team nur mit einer Person besetzt, und durch einen personellen Ausfall in der Grafischen Sammlung wurden zusätzliche Aufgaben in den Bereich GrafikRestaurierung verschoben.
MEDIENKUNST
Nach zweieinhalb Jahren Arbeit konnte das anspruchsvolle Erhaltungsprojekt «Born Digital», in dem dank der finanziellen Unterstützung von Memoriav 52 Kunstwerke der Medienkunstsammlung gesichert wurden, abgeschlossen werden. Die darauffolgende Präsentation von 11 Werken in der Ausstellung «Born Digital. Videokunst im neuen Millennium», bot die grossartige Möglichkeit, neue Erkenntnisse zu diesen Kunstwerken in die Werkpräsentation einfliessen zu lassen. Im Zuge der Ausstellung wurde ausserdem ein erster Prototyp einer Videosichtungsstation getestet, bei der die Besuchenden selbstständig Videos anwählen und schauen konnten. Diese soll zukünftig weiterentwickelt werden. Das abgedruckte Werkinventar im Sammlungskatalog «Born digital: Medienkunst 1995 – 2005» war ebenfalls ein wichtiger Meilenstein, insbesondere in Kombination mit den Oral History-Interviews zur Entstehungsgeschichte der Medienkunstsammlung. Das Werk «Four Transitions» wurde nach der Ausstellung «Zeit» gemeinsam mit dem Künstler Jürg Lehni genau untersucht, um dessen unregelmässige Unterbrüche im Ablauf zu analysieren. Die vom Künstler neu entwickelte Version der Software ermöglichte nun eine reibungslose Präsentation des Werkes im Digilab. Dank einer engen Zusammenarbeit mit dem Assistenten von Rebecca Horn, die überraschend in diesem Jahr verstarb, konnte die Installation «The Warriors» instandgesetzt und nach zehn Jahren wieder in den Sammlungsräumlichkeiten präsentiert werden. Die technisch herausfordernde Erhaltung des Werkes «Three Windows» von Humbert & Penzel wurde im Rahmen der internationalen Tagung «iPRES 2024» einem Expertenpublikum präsentiert. Die dazugehörige Online-Publikation lautet: «Opening Windows: Remote Imaging as a Preservation Tool for Legacy Computers».
PROJEKTE
In der zweiten Hälfte des Jahres konnte dank der Unterstützung durch die accurART, die Minerva Kunststiftung, die Stiftung Familie Fehlmann und die International Music and Art Foundation ein spannendes Projekt gestartet werden: Füsslis «Bodmer und Füssli vor der Büste Homers». Die Problematik eines immer trüber werdenden Kunstharz-Firnis ist schon seit vielen Jahren bekannt. Jetzt haben wir dank der finanziellen Unterstützung die Gelegenheit erhalten, die umfangreichere Restaurierung in Angriff zu nehmen. Auch die Untersuchungen und Nachforschungen zu den beiden Abendlandschaften begleiteten uns im Jahr 2024. Neu durchgeführte naturwissenschaftliche Untersuchungen sowie Recherchen und fachlicher Austausch mit Kollegen brachten diverse interessante Erkenntnisse. Die Ergebnisse des interdisziplinären Projekts sollen spätestens Ende 2025 vorgestellt werden.
