Relocation, Among Other Things, 2018–2023

Khalil Rabah
Relocation, Among Other Things, 2018–2023

Khalil Rabah wurde 1961 in Jerusalem geboren, hat Architektur und Bildende Kunst an der University of Texas, USA, studiert und lebt heute in Ramallah. Der Künstler thematisiert existenzielle Fragen von Exil, Flucht und Zugehörigkeit – so auch in der 2024 von den Zürcher Kunstfreunden angekauften Installation «Relocation, Among Other Things» (2018 – 2023). Seine Arbeiten wurden in Einzelausstellungen und Biennalen rund um die Welt gezeigt.

«Relocation, Among Other Things» ist ursprünglich für die Manifesta 12 in Palermo entstanden. In Vorbereitung der Ausstellung hat sich der Künstler für mehrere Monate in der fremden Stadt niedergelassen und sich dort regelmässig mit den verschiedenen migrantischen Communities getroffen. Im Austausch mit ihnen hat er zahlreiche Objekte gesammelt und diese zu einer raumfüllenden Installation zusammengefügt. Es sind meist ganz alltägliche Objekte, die die Menschen entweder an ihre Heimat erinnern, oder die zum Aufbau einer Existenz an einem neuen Ort gehören. Die Arbeit spricht über das Leben in Bewegung beziehungsweise zwischen verschiedenen Ländern und Heimatländern. Es geht um die Umsiedlung («relocation») von Dingen und Menschen, die damit einhergehenden Veränderungen, aber auch darum, wie sich wieder Gemeinschaften bilden. «Die vielen, durch die Welt gereisten Gegenstände formieren sich zu Gruppen und verweisen darauf, wie neue Formen des Zusammenlebens entstehen können», so der Künstler in einem Gespräch.

Jedes Objekt erzählt eine eigene Geschichte – auf persönlicher wie geopolitischer Ebene, und eröffnet dem Publikum die Möglichkeit, sich mit diesen Narrativen zu identifizieren oder sich zumindest damit auseinanderzusetzen. Mit dem Werk zeigt Khalil Rabah auf, wie Kunst und Kultur dazu beitragen können, Geschichte neu zu schreiben.

Das Werk verweist aber nicht nur auf Exil und Flucht, sondern thematisiert auch die Institution Museum und ist eine Art museologische Untersuchung durch die Brille der Diaspora. Es geht um die Frage, welche und wessen Geschichte(n) ein Museum repräsentiert – ein sehr aktuelles Thema für Museen heute. In einer Mischung aus Realität und Fiktion präsentiert der Künstler Objekte und Narrative, die in den Hierarchie- und Machtstrukturen der westlichen Institutionen (noch) nicht abgebildet werden.

«Relocation, Among Other Things» ist Teil von Khalil Rabahs Projekt des «Palestinian Museum of Natural History and Humankind», das der Künstler 2003 ins Leben gerufen hatte. Dieses fiktive Museum, das sich in seinem Namen und auch seiner Struktur mit einem Augenzwinkern an die grossen Museen in Westeuropa und den USA anlehnt, ist ein nomadisches Projekt und entwickelt sich ständig weiter. Bis heute wurde es an Orten wie Istanbul, Amsterdam, London, New York, Rom, Athen und Sharjah präsentiert. Khalil Rabah knüpft damit an Marcel Broodthaers’ Spielereien rund um das Museum an. Wie Broodthaers reinterpretiert Khalil Rabah Ideen des musealen Displays, und «Relocation, Among Other Things» erweitert somit auch den bedeutenden Sammlungsbestand von Broodthaers im Kunsthaus Zürich um eine wichtige zeitgenössische Position. Gleichzeitig ergänzt die Arbeit bereits früher angekaufte Werke von Khalil Rabah.

Mirjam Varadinis, Curator-at-Large

 

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