Aleksandra Mir
Plane Landing, 2001–2023
Der Wunsch zu fliegen und neue Welten zu entdecken, beschäftigt die Menschen seit vielen Jahrhunderten. Aleksandra Mir (*1967 in Lubin, Polen) interessiert sich in ihrem Schaffen für diese grossen Mythen der Menschheit, verarbeitet sie aber immer mit einer gewissen Portion Humor. So war das schon in ihrer frühen Arbeit «First Woman on the Moon» (1999), wo sie an einem Strand in Holland eine Mondlandschaft aus Sand bauen liess, um dort den berühmten «kleinen Schritt» von Neil Armstrong zu reinszenieren und wie dieser dreissig Jahre zuvor die amerikanische Flagge in den Boden zu rammen – jedoch als Frau.
Bei «Plane Landing» (2001 – 2023) nun geht es wiederum um Themen wie Reisen und technologischen Fortschritt. In einem langjährigen Prozess hat Aleksandra Mir gemeinsam mit einem Team von professionellen Ballonherstellern einen Heliumballon in der Form und Grösse eines Passagierflugzeugs anfertigen lassen, der einzigartig ist. Dieser als Flugzeug maskierte Ballon befindet sich in einem «Zustand der permanenten Landung» und ist in vielerlei Hinsicht ein Paradoxon: Er kann nur mit einer Substanz aufsteigen, die leichter ist als Luft, während er ein Objekt verkörpert, das normalerweise mehrere hundert Tonnen wiegt; seine aerodynamische Form will, dass er fliegt, während ein Ballon normalerweise schwebt. «Was ich wirklich wollte, war, etwas Unmögliches in die Welt zu setzen», so die Künstlerin.
Flugzeuge und Ballons wurden im späten 19. Jahrhundert entwickelt, in einer Zeit, die vom Glauben an den technischen Fortschritt und dem Wunsch geprägt war, ferne Welten zu erforschen. Aleksandra Mirs «Plane Landing» wurde geschaffen, um diese Bestrebungen zu reflektieren und zu hinterfragen. Das aufblasbare Flugzeug sollte vor dem Hintergrund verschiedener berühmter, zu Postkartenmotiven mutierten Orten gezeigt werden und so die stereotype Wahrnehmung dieser Landschaften auf spielerische Weise hinterfragen.
Im Jahr 2004 fand die Premiere auf einem Landsitz in Warwickshire in England statt. 2008 wurde das Flugzeug dann im Rahmen der Ausstellung «Shifting Identities» auf dem Rollfeld des Flughafens Zürich gezeigt und landete später in Paris, wo es vor verschiedenen historischen Sehenswürdigkeiten Halt machte. Fotografien, die die Künstlerin mit dem Ankauf des Objekts dem Kunsthaus Zürich geschenkt hat, erzählen diese Geschichte.
Zusätzlich dazu hat sich Aleksandra Mir das Objekt auch an zahlreichen anderen, z. T. fantastischen oder imaginierten Orten vorgestellt. Diese werden durch Postkartencollagen repräsentiert, die ebenfalls als Geschenk Eingang in die Sammlung des Kunsthaus Zürich gefunden haben.
Mit dem Ankauf ist das Werk nun im Kunsthaus Zürich gelandet und konnte Ende 2023 in einer Präsentation im Chipperfield-Bau gezeigt werden. Diese zeigte das Flugzeug bewusst in einem halb aufgeblasenen Zustand, wie wenn gerade auf- oder abgebaut würde. Indem die Künstlerin das Flugzeug in dieser offenen und organischen Form zeigt, reflektiert sie nicht nur den Status der Luftfahrt, der sich in den letzten Jahren stark verändert hat, sondern spielt auch mit der Idee einer sich ständig verändernden Skulptur in einem traditionellen Museumsraum.