Art Basel Opening Hours (2008), 2008

Jonathan Monk
Art Basel Opening Hours (2008), 2008

Das Neonschild «Art Basel Opening Hours (2008)» leuchtet, sofern überhaupt ausgestellt, gerade mal sieben Tage im Jahr, und zwar genau vom 2. bis 8. Juni. Da 2008 ein Schaltjahr war, werden die Tage des Neons und die effektive Austragung der Art Basel erst 2036 wieder zusammenfallen. Aber keine Sorge: Jonathan Monk (*1969 in Leicester, lebt in Berlin) erlaubt es, dass das Kunstwerk auch zum angegebenen Datum leuchtet (und den Rest der Zeit ausgeschaltet bleibt), wenn die Art Basel früher oder später stattfindet. Allerdings wurde inzwischen entschieden, dass diese Messe nicht mehr auf die erste, sondern jeweils auf die zweite Juni-Woche fällt, womit die «Synchronizität» von Neonlicht und realem Anlass nie wieder gegeben sein dürfte. Ein weiterer Grund, der das Entstehungsjahr dieses Kunstwerks so besonders macht, ist die globale Finanzkrise. Man fragt sich also, wie die Stimmung auf der Art Basel 2008 gewesen sein musste. Pikanterweise heissen die Regulierungsmassnahmen zur Vermeidung der Wiederholung solcher Krisen «Basel I» (II und III). Das Wort «Basel» scheint also in verschiedenen Systemen zum Fachjargon zu gehören. Systeme sind aber nur Subsysteme eines grösseren Ganzen, mit Schnittmengen und Abgrenzungsmechanismen. Letzteres ist auch subtil dieser Zeittabelle eingeschrieben, denn man fragt sich: Warum sind die ersten beiden Zeilen vom 2. und 3. Juni vom Rest des Zeitfensters 4. bis 8. Juni abgesetzt? Weil es sich um die VIP-Tage handelt. Obschon sich das Kunstsystem gerne den Anstrich von Inklusion und Teilhabe gibt, werden letztendlich an keinem Ort wie einer Kunstmesse die Distinktionsmerkmale so deutlich. Die Tatsache, dass dieses Neonkunstwerk als Schenkung in eine Zürcher Museumsinstitution Eingang gefunden hat, soll den öffentlichen Diskurs über solche kritischen Fragen begünstigen und vor allem sichtbar machen. Aber warum eigentlich Neon? Die durch Neongas und Starkstrom alimentierten Leuchtreklamen sind im öffentlichen Raum schliesslich schon seit über zwei Jahrzehnten von Leuchtstoffröhren, LED und ihren zahlreichen Geschwistern verdrängt worden. Neonlicht ist inzwischen tatsächlich fast ausschliesslich in Museen zu finden, und ist nicht zuletzt auch wegen dieser Preziosität ein beliebtes Material unter Kunstschaffenden. Aber wie wertvoll ist ein künstlerisches Neonwerk tatsächlich, wenn es so gut wie nie brennt und dann auch noch zum «falschen» Zeitpunkt? Mit dieser Frage geben wir uns eigentlich schon einen Teil der Antwort selber: Der Wert liegt im Hinterfragen von Wertesystemen und ihren Mechanismen. Aber genau dort, wo der Wert Geld reichlich vorhanden ist, spricht man nicht (offen und gerne) darüber, es sei denn bei Auktionen und NFT als Geldanlage. Folglich bricht dieses Kunstwerk mit einem Tabu. Diese, die meiste Zeit diskrete, nur selten aufblinkende Arbeit lädt uns dazu ein, in Ruhe über die Mechanismen und Akteure des Kunstmarkts nachzudenken. «We sometimes forget the obvious. Being original is almost impossible. What matters is what’s inside», empfiehlt uns der Künstler zur Interpretation seiner Kunst.

Drei weitere, niederschwelligere Werke dieses Künstlers sind als Schenkungen in die Sammlung eingegangen: die «Holiday Paintings» «Cyprus», «Lanzarote» und «Malta» (2023). Alle wurden zuvor in der «Zeit»-Ausstellung gezeigt (vgl. Ausstellungen). «Holiday» (Urlaub) ist zu einer gesellschaftlichen Konvention geworden, die sich im Zuge arbeitsrechtlicher Regulierungen nach dem Ersten Weltkrieg etabliert und die nach dem Zweiten Weltkrieg in Zeiten des Wirtschaftswunders das Phänomen des Massen­tourismus zu begründen half. Die Folgen dieser Entwicklung in den Wohlfahrtsstaaten werden erst jetzt, ausgelöst vom Airline Deregulation Act (1978) und der damit einhergehenden Verbreitung von Billigairlines, in ihrer ganzen Problematik erkennbar. Zwar lassen sich Billigflüge und All-Inclusive-Angebote als Teil einer Freizeit­industrie verstehen, die im Zeichen des Massenkonsums für sozialen Ausgleich sorgt, doch führen wir einen immer aussichtsloseren Kampf mit den Auswirkungen des Tourismus auf die Umwelt. Diese Serie, an der Monk seit 1995 kontinuierlich arbeitet, führt darüber hinaus auch eine Art Verkaufsgespräch mit dem Kunst­publikum, indem der Preis des Gemäldes als Motiv ebendieses Gemäldes erscheint (wobei auch hier wie im Pauschaltourismus Dumpingpreise aufgerufen werden). In der Möglichkeit, das Gemälde zum selben Preis zu erwerben wie der darauf gemalte Preis, wirft Monk mit einem Augenzwinkern die Frage auf, ob sich eher eine Reise oder ihre Vorstellung davon «lohnt». An dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben darf Harald Szeemanns unschätzbar wertvoller Beitrag als Kurator des Pavillons der Schweizerischen Nationalbank bei der Expo.02: «Geld und Wert sind grundverschiedene, miteinander korrelierende Grössen. […] Werte sind Investitionen in die Kreation als Mehrwert und gestatten dem Scheitern Dauer. Nicht von ungefähr legen Banken Kunstsammlungen an, das Kapital investiert in ein Ich.»1

Cathérine Hug

1Harald Szeemann, «Werte», in: Schweizerische Nationalbank (Hrsg.), Geld und Wert / Das letzte Tabu, Zürich 2002, S. 14.

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