Vorwort des Präsidenten

Sehr geehrte Mitglieder der Zürcher Kunstgesellschaft

 

Seit dem 1. Juli 2022 bin ich nach Ihrer Wahl nun der neue Präsident der Zürcher Kunstgesellschaft, und an dieser Stelle bedanke ich mich bei Ihnen, liebe Mitglieder, für das mir entgegengebrachte Vertrauen. Ich habe mich auf diese interessante Aufgabe gefreut und setze mich mit ganzer Kraft für das Wohlergehen der Institution ein. Vor uns liegen grosse Herausforderungen, aber gleichzeitig auch Chancen. Doch war ich mir schon bei meinem ersten Treffen mit unserer neuen Direktorin Ann Demeester sicher, dass das Kunsthaus Zürich unter ihrer operativen und künstlerischen Führung die künftigen grossen Aufgaben meistern wird.

Der Start in das Jahr 2022 war geprägt von der Eröffnung des Chipperfield-Baus. Das überreiche Angebot des neuen Museums, darunter die Sammlungen Looser, Merzbacher und Bührle, sowie unsere eigenen, teils noch nie präsentierten Bestände, entpuppten sich rasch und anhaltend als Publikumsmagnet: Mehr als eine halbe Million Besucherinnen und Besucher verzeichnete die Statistik, ein Rekord in der mehr als hundertjährigen Geschichte des Hauses am Heimplatz. Zugleich erreichten die Mitgliederzahlen einen neuen Höchststand. Mein Dank geht an die beteiligten Stiftungen und privaten Leihgeber für ihr Vertrauen und ihre Grosszügigkeit, besonders an unsere Ehrenmitglieder Werner und Gabriele Merzbacher sowie Hubert und Ursula Looser.

Das Ausstellungsprogramm war geprägt von der im Umfeld der Pandemie aktuellen Themenausstellung «Take Care: Kunst und Medizin», dem gemeinsam mit der Künstlerin kuratierten und auf grosse öffentliche Resonanz stossenden interaktiven Konzept von «Yoko Ono», der Kombination von Zeichnung und Film bei «Federico Fellini», dem Abschlussprojekt von Christoph Becker und Publikumsliebling «Niki de Saint Phalle» sowie von der elegant inszenierten Ausstellung «Aristide Maillol», die dank einer Kooperation mit dem Musée d’Orsay und anderen renommierten Partnerinstitutionen möglich wurde.

Der Chipperfield-Bau wird angenommen und ist beliebt, nicht nur wegen seiner eleganten Grosszügigkeit, auch seine Funktionalität bewährt sich für zeitgemässe Präsentationen und Ausstellungen. Intensiv genutzt werden die Räume der Kunstvermittlung und die Vermietungen des Festsaals und des Foyers Haefner laufen erfolgreich.

Der Beginn der Amtszeit unserer neuen Direktorin Ann Demeester am 1. Oktober hatte grosse Resonanz in den Medien und in der Öffentlichkeit. Am 14. November verabschiedeten wir uns von Christoph Becker mit Dankbarkeit für die Realisierung des Erweiterungsbaus unter seiner Ägide. Die neue Leitung machte sich sofort daran, die Zukunft des Museums vorzubereiten. Gemeinsam mit dem Vorstand wurde eine Provenienzforschungsstrategie für die eigene Sammlung in Angriff genommen, die dem Kunsthaus helfen wird, noch intensiver zu forschen und proaktiv mit den Ergebnissen dieser Forschung umzugehen.

Ausserdem wurde mit den Vorbereitungen begonnen für eine neue Ausstellung der Sammlung Bührle im November 2023 sowie für erfrischend spielerische Künstlerinterventionen in unserer Sammlung ab Herbst 2023. Daneben galt es, diverse Krisenherde als Chance zu begreifen.

Der relativ kleine, aber heftige Brand in einem Technikraum im Erdgeschoss des Bestandsbaus Anfang August hatte zur Folge, dass Teile des Gebäudes verraucht waren. Der Pfister-Bau war nicht betroffen. Neben Reinigungs- und Sanierungsarbeiten lief sofort ein grosses Restaurierungsprojekt an, das im Frühjahr 2023 mit der Wiedereröffnung des Müller- und Moser-Baus abgeschlossen sein wird. Fast 700 Werke mussten abgehängt oder verschoben, vorübergehend zwischengelagert und gereinigt werden. Da fast alle Gemälde verglast sind, entstanden keine gravierenden Schäden an den Werken, jedoch benötigten die Skulpturen einen höheren Reinigungsaufwand. Während der Reinigungsarbeiten wurden lose gebundener Asbest gefunden und gewisse Statikmängel festgestellt. In enger Zusammenarbeit mit der Stiftung Zürcher Kunsthaus wurden diese Probleme energisch angegangen und Sanierungen durchgeführt.

Bedauerlicherweise wurden zwei kleinformatige Bilder aus einer privaten Dauerleihgabe, eine holländische Landschaft und ein Blumenstillleben, während der Reinigungsarbeiten vermisst. Die Untersuchungen, in die auch die Polizei eingeschaltet ist, laufen auf Hochtouren. Wir bleiben zuversichtlich, dass diese Kunstwerke wohlbehalten zurückkehren werden und rechnen es dem Eigentümer hoch an, dass er und seine Frau das Kunsthaus trotz dieses hoffentlich nur vorübergehenden Verlusts unterstützen.

Die Sicherheit des Kunsthauses, das bestätigen uns Versicherer und Expertinnen und Experten anderer Museen, ist auf gutem Stand. Dennoch überprüfen wir unsere Sicherheitsarchitektur, um das Zusammenspiel von menschlichen Fähigkeiten, digitalen Funktionen und räumlichen Gegebenheiten zu optimieren. Stellvertretend für alle Dauerleihgeberinnen und Dauerleihgeber danken wir den Kunstfreunden Zürich, der Alberto Giacometti-Stiftung, der Stiftung Sammlung E. G. Bührle, der Fondation Looser und Werner und Gabriele Merzbacher und der ganzen Familie Merzbacher für ihre besonnene Reaktion auf dieses aussergewöhnliche Ereignis, das für jedes Museum ein «worst case»-Szenario darstellt, und ihr nicht nachlassendes Vertrauen.

An die Mitglieder des Vorstands der Zürcher Kunstgesellschaft, der ehrenamtlich wirkt, an die Stiftung Zürcher Kunsthaus, den bisherigen Präsidenten Richard Hunziker und seinen Nachfolger Kaspar Wenger, an den langjährigen Geschäftsführer Thomas U. Müller und seinen Nachfolger Matthias Alber geht mein besonderer Dank. Die Stiftung setzte sich für die Realisierung des Neubaus ein und wird in den nächsten Jahren gemeinsam mit der Kunstgesellschaft die Sanierung des Altbaus weiter vorantreiben, so dass auch dieser Teil des Museums noch in diesem Jahrzehnt zukunftsfähig werden kann.

Mein Dank gilt weiter Stadt und Kanton Zürich, unseren Partnern Credit Suisse und Swiss Re sowie allen Sponsoren, Stiftungen und Gönnerinnen und Gönnern.

Zum Schluss möchte ich mich auch persönlich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kunsthauses ganz herzlich bedanken. Dieses Jahr, das Jahr 2022, war in vielerlei Hinsicht ein Ausnahmejahr – voller unerwarteter Ereignisse, einem Besucherrekord und der grossen Transformation unseres Museums. Ich danke ihnen ganz herzlich für ihren ausserordentlichen Einsatz.

Mit Anerkennung und Respekt dürfen der Vorstand, dürfen Sie, liebe Mitglieder, die Sie bald 26 000 an der Zahl sind – übrigens der höchste Stand seit Bestehen unserer Organisation –, diesen Jahresbericht 2022 zur Kenntnis nehmen. Viel Wissenswertes steckt darin. Persönlich lerne ich viel daraus, und in der Hoffnung, dass Sie mit dem, was Ihr Verein im letzten Jahr erreichte, zufrieden sind, empfehle ich Ihnen diesen Jahresbericht sehr gerne zur Lektüre.

 

Philipp M. Hildebrand
Präsident der Zürcher Kunstgesellschaft

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