Ein Kavalleriegefecht, 1638 /1643

Stefano Della Bella
Ein Kavalleriegefecht, 1638 /1643

Ein turbulentes Gefecht, Rauchschwaden, Pferde, die panisch nach allen Richtungen hin ausreissen: Der italienische Zeichner Stefano della Bella weiss diese wilden Energien auf engstem Raum zu verdichten. Unsere neu erworbene Zeichnung weist eine beeindruckende Provenienz auf: Sie stammt aus dem Bestand des Fotografen Herbert List, bevor sie in die Sammlung von Wolfgang Ratjen überging.1

Mit der Feder umspielt der Künstler eher die Konturen seiner Figuren, als dass er die äussere Gestalt auf eine starre Formel fixieren würde. Die lockere Federführung dürfte gerade vor dem Hintergrund überraschen, dass die Zeichnung einer Übertragung des Themas ins Medium der Radierung diente. Doch scheint die Ideenfindung noch nicht abgeschlossen; eine Randbegrenzung mit dem Grafitstift offenbart, dass selbst noch der Ausschnitt für die gesamte Szenerie zur Diskussion steht. Zahlreiche Motive des Blattes fanden schliesslich Eingang in die Radierung «Reitergefecht» (de Vesme 267). Sie gehört zu della Bellas sechsteiliger Bildfolge «Frieden und Krieg», die man in die Jahre um 1642 datiert und damit in die Zeit des Dreissigjährigen Krieges, als Land- und Seeschlachten noch alltäglichen Gesprächsstoff boten.

Ebenso wie Castiglione, dem wir unlängst eine Ausstellung gewidmet haben, gehört auch Stefano della Bella zu den Meistern der barocken Radierkunst.2 Daneben steht sein zeichnerisches Werk, das dem Namen des Künstlers alle Ehre macht. Von der Schönheit der Linie 3 – «della bella linea» – kündet nahezu jedes Blatt, das von seiner Hand stammt, sei dieses auch noch so zart und filigran wie in unserem Fall. Mit dieser Neuerwerbung möchten wir unseren kleinen, aber feinen Bestand an italienischen Altmeisterzeichnungen ausbauen, der erstmals umfänglich in der Ausstellung «Die Poesie der Linie. Italienische Meisterzeichnungen» vorgestellt wurde.



Jonas Beyer

1Zur italienischen Altmeistersammlung von Wolfgang Ratjen siehe bes. Italian Drawings from The Ratjen Foundation, Vaduz, Ausst.-Kat. The Frick Collection, New York, bearb. v. David Lachenmann, Bern 1996.
2Vgl. Stefano della Bella. Ein Meister der Barockradierung, Ausst.-Kat. Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, bearb. v. Dorit Schäfer, Karlsruhe 2005.
3Anspielung auf den Titel einer Ausstellung von 2013: Von der Schönheit der Linie. Stefano della Bella als Zeichner, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, bearb. v. David Klemm, Petersberg 2013.

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