Restaurierung

Das Jahr 2021 wurde in der Restaurierungsabteilung stark vom Einzug einer enorm hohen Zahl von Kunstwerken in den Chipperfield-Bau geprägt. Den Anfang machte die grossformatige Kunst für Foyer, Bar und Aussenbereich; gleich darauf begannen sich die Depots mit knapp 5000 Werken und Werkteilen zu füllen, von denen die meisten aus den aufgehobenen Aussenlagern stammten. Etwas später zogen die Sammlungen Merzbacher, Looser und Bührle teilweise ebenfalls ins Depot und kamen ab Mai bis zur Eröffnung als Teil der knapp 400 präsentierten Werke in die neuen Ausstellungsräume. Dass diese grosse Zahl von Werken termingerecht und unbeschadet eintrafen, kontrolliert, für die Präsentation vorbereitet und gehängt bzw. gestellt werden konnten, ist dem enormen Engagement und der ausgezeichneten Zusammenarbeit vieler Abteilungen, der Projektmanagement-Unterstützung durch den Partner Brandenberger + Ruosch und den Transportunternehmen zu verdanken. Besonderer Dank gebührt an dieser Stelle allen Art Handlern und Museumstechnikern des Technischen Diensts und der Grafischen Sammlung, zudem der wissenschaftlichen Mitarbeiterin für Medienkunst, der Sammlungsregistrarin und den beteiligten externen Restauratoren, die unser Restauratorenteam temporär ergänzten. Insgesamt wurden fünf temporäre Verträge mit externen Restauratoren abgeschlossen und neun freie Mitarbeitende in der Restaurierungsabteilung in diesem Jahr beschäftigt, vier mehr als im Jahr davor.

Der Bezug der neuen Depoträume ermöglichte u. a. im Bereich Fotosammlung eine erstmalige Zusammenführung der ca. 1800 Werke aus fünf internen und externen Lagern und damit die Auflösung der Lagerverpackungen und -kisten. Sie befinden sich nun in einem den Materialanforderungen entsprechenden, etwas tiefer temperierten Depot. Die an die Fotosammlung angepasste Ausstattung aus Ziehgitterwänden für gerahmte oder aufgezogene Fotografien, verschiedenformatigen Planschränken und Regalen gewährleistet nun eine optimale Konservierung und Zugänglichkeit sowie ausreichend Platz für Zuwachs. In das Fotodepot zogen ebenfalls alle neu etikettierten Medienträger der Medienkunstsammlung, insgesamt knapp 1500. Dem vermeintlich einfachen Schritt der Etikettierung ging eine enorme Vorarbeit voraus: Die Datenbank musste hierfür mit über 325 Hauptdatensätzen aktualisiert und ca. 1500 Datensätzen harmonisiert werden. Die Transporte und die Neulagerung der Werke wurden durch die einzelnen Fachbereiche restauratorisch betreut. So auch die 340 Skulpturen, die für die bereits terminierten Transporte neben konservatorischen Massnahmen vor allem individuelle Verpackungen benötigten, die mehrere Teams mit wiederverwendbaren Behältnissen und Packmaterialien umsetzten. Für die installativen, mehrteiligen Werke waren weniger neue Verpackungen als vielmehr vertiefte Werkrecherchen und Anpassungen in der Datenbank nötig, um Standortänderungen abbilden zu können.

Weniger sichtbar, aber ebenso wichtig waren die zahlreichen Bauabnahmen, in die die Restaurierungsabteilung involviert war. Besonders die Themen Klima- und Lichtoptimierung bleiben auch in Zukunft wichtig.

Die Restaurierung wird im Jahresbericht neu ihre Arbeit am Ende des Textes statistisch auswerten. Die bisherige namentliche Nennung der umfangreicheren Restaurierungen hat die Schwerpunkte der restauratorischen Tätigkeit am Museum nur noch unzureichend abgebildet. Heute sind es die zahlreichen kleineren Massnahmen, die einen Grossteil der restauratorischen Museumsarbeit ausmachen.

Gemälde

Das Werk «Pétales et jardin de la nymphe Ancolie» von Max Ernst fand Anfang des Jahres eine neue Heimat in einer gigantischen Klimavitrine in der Kunsthaus-Bar. Der Planungsaufwand hat sich nicht nur für dieses Werk, sondern auch für Delaunays grossformatiges «Formes circulaires» gelohnt: Auch ausserhalb der klimatisierten Ausstellungsräume können sie so voll zur Geltung kommen. Mitte April fiel der Startschuss für den Einzug der Sammlung Bührle in die dafür vorgesehenen Räume im Chipperfield-Bau. Anfang Juli kamen dann die Werke aus der Sammlung Looser und Merzbacher dazu. Neben der Zustandskontrolle der insgesamt 310 Leihgaben aus diesen drei Sammlungen wurde die Einrichtungsphase von kleineren, konservatorischen Massnahmen begleitet. Die Massnahmen an den rund 75 Werken der Sammlung Merzbacher gestalteten sich umfassender mit zeitweise bis zu fünf beteiligten Restauratorinnen. Neben der Zustandsdokumentation der Werke in Schrift und Bild wurden Malschichtoberflächen und Rahmen gereinigt, gefestigt und retuschiert. Da alle Werke verglast und einzelne in Schutzkästen montiert wurden, musste die Rahmung entsprechend angepasst und die Montage der Werke verbessert werden. Durch die Aufnahme in das 2021 Art Conservation Project der Bank of America wurde es möglich, Mark Rothkos «Untitled (White, Blacks, Grays on Maroon)» von 1963 genau zu untersuchen und für die Präsentation bestmöglich vorzubereiten. Neben Fragen zu den verwendeten Pigmenten und eventuellen Farbveränderungen ging es vor allem darum, die recht dicke Staubschicht von der extrem empfindlichen Oberfläche zu entfernen, was mit einer eigens dafür optimierten Methode aus Flachstrahldüse (sanfter Luftstrahl) und weichem Vergolderpinsel nahezu berührungsfrei gelang.

Skulpturen / PLASTIKEN

Gleich zu Beginn des Jahres galt es, das im Vorjahr begonnene Calder-Restaurierungsprojekt mit der Hängung des Mobiles im Chipperfield-Bau abzuschliessen. Auf knapp 15 Meter Höhe zog das erste Kunstwerk dort ein. Im Laufe des Jahres wurden mit der Ankunft der grossen Sammlungskonvolute diverse aufwendige Restaurierungsmassnahmen, wie z. B. die Reinigung der lackierten Aluminium-Arbeit «White Curve» von Ellsworth Kelly aus der Sammlung Looser nötig. Auch das Werk «Untitled» aus Messing von Donald Judd wurde gereinigt und auf Hochglanz poliert. Der Chipperfield-Bau hat die Ausstellungsfläche fast verdoppelt, und so zeichnet sich bereits deutlich ab, dass die Galeriepflege, d. h. das Entstauben und Prüfen der Werke, im gesamten Museum bedeutend mehr Zeit in Anspruch nehmen wird. Neben den aufwendigen Arbeiten in den Aussenlagern kam aber auch das Alltagsgeschäft in dieser Zeit nicht ganz zum Erliegen: So wurde z. B. ein Konvolut von 14 Skulpturen und Plastiken für eine Ausleihe ins Aargauer Kunsthaus restauratorisch vorbereitet. Auch die Arbeit «Konstruktion in Messing» von Max Bill wurde im Vorfeld der Ausleihe ans Zentrum Paul Klee, Bern, gereinigt und poliert; zu den Vorbereitungen gehörte auch eine Recherche zur Präsentation. Im Bereich der Ausstellungen ist besonders der aufwendige Aufbau der Arbeit «The 2000 Sculpture» von Walter De Maria hervorzuheben.

MEDIENKUNST UND INSTALLATIONEN

Die schriftliche Dokumentation von Medienkunstwerken und Installationen kann, anders als bei den traditionellen Gattungen, als konservatorische (substanzerhaltende /schadensvorbeugende) Massnahme bezeichnet werden. Sie schafft ein umfassendes Werkverständnis und dient so der Planung zukünftiger Erhaltungsmassnahmen und der Präsentation. Um möglichst alle relevanten Informationen beim Ankauf zu erhalten, also technische Angaben, Produktionsgeschichte und Präsentationsdetails, wurde 2021 ein Fragebogen entwickelt. Auch Künstlergespräche dienen diesem Zweck: Dieses Jahr konnten Künstlerinnen und Künstler wie Muda Mathis, Pipilotti Rist und Raphael Hefti zu ihren Werken befragt werden. Ein weiterer wichtiger Schritt im Bereich Dokumentation war die Erarbeitung eines Erfassungskonzeptes für werkzugehöriges Equipment für die hauseigene Datenbank. Bis anhin wurde dieses dort nicht zentral erfasst, sondern ausschliesslich mit Hilfe einer Excel-Tabelle verwaltet. Die gute Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen Restaurierung, Technischer Dienst und Grafische Sammlung sowie den Registrarinnen und der Datenbankspezialistin machte die enorm schnelle Entwicklung und Umsetzung einer neuen Erfassungsstruktur für die technischen Bestandteile von medialen und installativen Kunstwerken erst möglich. Diese Erweiterung der Datenbank ermöglicht nun u. a. das Dokumentieren von technischen Generationswechseln, wie z. B. Umrüstungen, und vereinfacht ebenfalls die Wartungsplanung von obsoleten Geräten.

Kunstwerke auf Papier und Fotografie

Im Rahmen des Projektes «Digitalisierung und Restaurierung der Skizzenbücher von Rudolf Koller» wurden 2021 die Skizzenbücher sowie die im 20. Jahrhundert herausgelösten Einzelblätter restauriert. An den Einbänden wurden vor allem stabilisierende und nur vereinzelt tiefergreifende Massnahmen vorgenommen. Die Einzelblätter wurden aus ihren Passepartouts gelöst, plangelegt und sind nun in alterungsbeständigen Mappen untergebracht. Die Restaurierungsarbeiten wurden, bis auf einen Teil der losen Einzelblätter, von zwei externen Restauratorinnen durchgeführt. Zudem wurden das Verpackungskonzept für die gebundenen Skizzenbücher festgelegt und einzelne Bände im Hinblick auf die Publikation zur Ausstellung «Rudolf Koller. Die Skizzenbücher» genauer untersucht. Neben der vollständigen Neulagerung der Fotosammlung konnte auch die Konservierung der Gegenwartskunst auf Papier optimiert werden. Besonders grossformatige Werke erhielten einen neuen Standort im grossen Kunstdepot im Chipperfield-Bau. Zur Lagerung der in Distanz-Wechselrahmen präsentierten zeitgenössischen Kunstwerke auf Papier wurden Grafik-«Betten» konzipiert, welche in das Lagerungssystem für passepartourierte Werke integriert und hausintern produziert werden können. Zur Museumseröffnung im Herbst wurden zahlreiche Werke aus der Dada- und Fotosammlung restauratorisch vorbereitet sowie die erstmalige Präsentation der Arbeit «Pesquisas» von Teresa Margolles. Die im Vorjahr geplanten Veränderungen im Restaurierungsatelier konnten 2021 umgesetzt werden und gewährleisten nun eine flexible Nutzung mit zusätzlichen Möglichkeiten zur Behandlung von Kunstwerken auf Papier und Fotografie.

Kerstin Mürer

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