Restaurierung

2020 reisten insgesamt 88 Sammlungswerke an 27 verschiedene Ausstellungen in auswärtigen Museen, die vorgängig in den verschiedenen Fachabteilungen der Restaurierung für Transport und Präsentation vorbereitet wurden. Es wurden insgesamt 365 Leihanfragen für externe Leihgaben bearbeitet. Hinzu kamen die Kontrolle und konservatorische Betreuung von 897 Werken, die in verschiedenen Ausstellungen im Kunsthaus gezeigt wurden.

Personell gab es in diesem Jahr erneut grosse Veränderungen: Unsere langjährige Mitarbeiterin Jean Rosston, die 32 Jahre in der Abteilung und besonders in der Grafik- und Fotorestaurierung gewirkt hatte, verliess uns altersbedingt Mitte des Jahres. Für ihr Engagement in der Abteilung und besonders in ihrem Fachbereich möchten wir ihr herzlich danken. Kurz darauf wurde diese Position mit der in den Fachrichtungen Grafik, Schriftgut und Fotografie ausgebildeten Konservierungs- und Restaurierungs-Spezialistin Rebecca Honold neu besetzt. Mit ihrem über Jahre auch im Ausland erworbenen Fachwissen im Bereich der Erhaltung von Kunstwerken auf Papier bis 1900 setzt sie neue Akzente. Zudem konnten wir unser Team für den Bereich Medienrestaurierung mit Eléonore Bernard erweitern. Dank ihres Fachwissens über moderne Materialien und Medien werden die Erhaltungs- und Restaurie­rungsmassnahmen für diese Gattung weiter professionalisiert.

Ein grosses Projekt, das alle in der Abteilung stark in Anspruch nahm, war die Planung des Einzugs von über 3000 Kunstwerken aus Aussenlagern und Bestand in den Erweiterungsbau. Dieses professionell begleitete und von einer externen Restauratorin unterstützte Sammlungsumzugs-Projekt beinhaltet die Planung und Umsetzung diverser Schritte im Vorfeld sowie die logistische Ausarbeitung des eigentlichen Umzugs. So wurden alle Objekte mit QR-Codes neu etikettiert und restauratorisch geprüft. Wo nötig, wurden präventive und konservatorische Massnahmen zu Schadensvorbeugung und Substanzerhalt in Form von Festigungen oder Verpackungsoptimierung durchgeführt. In etlichen Fällen wurden auch zukünftige Massnahmen geplant.

Im Erweiterungsbau begleitete die Abteilung auch die Schaffung der Depotinfrastruktur an der Seite eines Fachplaners, sodass die Werke an einen Ort einziehen können, der sich in punkto Klima, Sicherheit und Aufbewahrungsmöglichkeiten auf dem neuesten technischen Stand befindet. Die Abteilung erhält ausserdem zwei neue Ateliers, deren Infrastruktur und Bestückung durch das Team mitgeplant wurde. So wird in diesen Räumen beispielsweise ein Unterdrucktisch zur Nassbehandlung von Kunstwerken auf Papier angeschafft.

Auch in anderen Projekten arbeiteten die Fachbereiche eng zusammen. So wurde gemeinsam Wissen für die museale Bewahrung, z. B. in Form von Künstlerinterviews, generiert: Die Bedeutung und Funktion der analogen und digitalen Werkkomponenten der Diainstallation «Sample Frames» von Alexandra Navratil wurden mit der Künstlerin und in enger Zusammenarbeit zwischen Foto- und Medienrestaurierung aufgearbeitet.

Natürlich war das Jahr enorm von der Covid-19-Pandemie geprägt. Während des Lockdowns produzierten verschiedene Fachbereiche erstmals gemeinsam mit der Kommunikations-Abteilung Beiträge mit Einblicken in die Arbeit hinter den Kulissen. Ausserdem waren die Ausleihen in andere Museen deutlich reduziert, wodurch das Augenmerk verstärkt auf die Sammlungspflege gerichtet werden konnte. Die komplett neu einzurichtende Sammlung im Müller-Bau, inklusive der Neupräsentation der Alberto Giacometti-Werke, bildete dabei einen Schwerpunkt.

Auch vier Werke, die prominent im Erweiterungsbau eingeplant sind, wurden in diesem Jahr restauriert oder für ihren grossen Auftritt vorbereitet: Max Ernsts «Pétales et jardin de la nymphe Ancolie», Alexander Calders «Cinq blancs, un rouge», Robert Delaunays «Formes circulaires» und Dan Grahams «Sine Wave / Zig Zag». Die Arbeiten an diesen grossformatigen Werken wurden allesamt über externe Sponsoren finanziert, denen an dieser Stelle herzlich gedankt sei.

Gemälde

Gerade die Restaurierungsarbeiten am Werk von Max Ernst waren hier grosser Bestandteil der Arbeiten: Die Zusammenarbeit mit der Hochschule der Künste Bern trug massgeblich zur Findung einer optimalen Retuschelösung bei.

Auch aus dem Konvolut der Sammlung Bührle konnten im vergangenen Jahr einige Werke restauriert werden. Die Werke «L’Offrande» von Paul Gauguin und «Die Seine-Brücken bei Asnières» von Vincent van Gogh stellten einen besonderen Höhepunkt in diesem durch die Stiftung Bührle finanzierten Projekt dar – nicht zuletzt auch dadurch, dass für die Firnisabnahme neue technische Hilfsmittel angewandt und bewährte Methoden weiter verfeinert werden konnten.

Wie immer boten Ausstellung wie «Landschaften – Orte der Malerei» im Vorfeld die Chance, an zahlreichen hauseigenen Werken kleinere und grössere bestandserhaltende Massnahmen durchzuführen.

Kunstwerke auf Papier und Fotografie

Zu Beginn des Jahres startete das Projekt «Digitalisierung und Restaurierung der Skizzenbücher von Rudolph Koller» mit der ersten Phase, in der die Katalogisierung und Digitalisierung der Skizzenbücher im Fokus stand. Gleichzeitig konnten die Restaurierungsarbeiten, die im nächsten Jahr von externen Restauratoren durchgeführt werden, sowie die Lagerung der Bücher und herausgelösten Zeichnungen im Detail geplant werden. Gemeinsam mit der Grafischen Sammlung wurde mit der Erarbeitung einer Terminologie für die Beschreibung von Bucheinbänden in der Museumsdatenbank begonnen. Zudem wurde das Bibliotheksprojekt «Digitalisierung von Künstlerbriefen» restauratorisch unterstützt.

Die Ausstellung «Schall und Rauch» präsentierte in grösserem Umfang Zeichnungen, Druckgrafik, Collagen und Fotografien der 1920er-Jahre in Gegenüberstellung mit zeitgenössischen Werken aus dem eigenen Bestand, die aufgrund ihrer häufig fragilen Materialauswahl und experimentellen künstlerischen Techniken komplex in der Vorbereitung waren. Für die Ausstellung «Im Herzen wild» konnten 35 Zeichnungen und Drucke der Schweizer Romantik neu montiert und passepartouriert und Einbände von Sammelbänden und Skizzenbüchern, wie z. B. dem Skizzenbuch von Théodore Géricault, gesichert werden.

Einen Schwerpunkt der Sammlungspflege stellte das Grossformat dar, welches bei Lagerung und Präsentation stets besondere Herausforderungen mit sich bringt. In diesem Zusammenhang wurden die Grafitstiftzeichnung zur Installation «South America Triangle» von Bruce Nauman sowie eine frühe, zweiteilige Pinselzeichnung in schwarzer Tusche von Markus Raetz, noch in persönlichem Austausch mit dem Künstler, restauriert und neu gerahmt.

Skulpturen

Der Schaden am Werk «Kyoto» von Jean Tinguely, der sich im Februar durch einen herabgestürzten Baum ereignet hatte, prägte das Jahr: In Zusammenarbeit mit dem Museum Tinguely wurden Schweissarbeiten sowie Massnahmen an Oberfläche und Elektromotor umgesetzt. Ein Highlight des Jahres war die restauratorische Begleitung der Ausstellung «Symbiotic seeing» von Olafur Eliasson mit ihren vielen Grossplastiken. Diese waren nicht nur durch ihre teils aufwendige Montage, sondern auch der komplexen und äusserst empfindlichen Oberflächen wegen anspruchsvoll.

Für eine Ausleihe nach Paris konnte zudem eine neue Transportkiste für die wichtige Alberto Giacometti-Skulptur «Homme qui marche» konzipiert werden. Es wurden Schwingungsmessungen in der Kiste gemacht, um mehr über das Bewegungsverhalten des Objekts innerhalb der Kiste während des Transports zu erfahren und gegebenenfalls den Einbau zu optimieren.

Das bereits erwähnte Calder-Projekt wurde in Kooperation mit einem externen Restaurator umgesetzt. Hierbei wurde der ästhetische Zustand, aber auch die Mechanik sowie Auflageflächen der Befestigungsösen für die Hängung deutlich verbessert.

Medien

Mit der Schaffung eines digitalen Langzeitarchivs im letzten Jahr konnte nun die Sicherung von Videodaten in ebendiesem vorangetrieben werden. Nachdem eine Untersuchung der Medienkunstsammlung offenbart hatte, dass die Mehrheit der digitalen Werkkomponenten stark gefährdet ist, wurden im Rahmen eines gezielten Notsicherungsprojektes vierzig Kunstwerke von ihren gefährdeten Speichermedien extrahiert und auf dem Archiv­server gesichert. Im Sommer konnte das seit 2015 laufende Videodigitalisierungsprojekt der Abteilungen Restaurierung und Grafische Sammlung in Zusammenarbeit mit dem Atelier für Videokonservierung erfolgreich abgeschlossen werden (siehe dazu den Bericht der Grafischen Sammlung).

Mit der Schaffung einer A/V-Techniker-Stelle bot sich die Gelegenheit, eine abteilungsübergreifende Kooperation zur Erhaltung der Medienkunstsammlung verbindlich zu institutionalisieren. Gestärkt wurde diese Zusammenarbeit durch die Einrichtung einer Computerstation an einem gemeinsamen Arbeitsplatz. Ausserdem konnte der Fachbereich die digitale Archivierung im Kunsthaus in einem Beitrag des Themenhefts «Digitale Kunst» in der Zeitschrift «Informatik Spektrum» des Springer Verlags präsentieren.

Kerstin Mürer

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