UNTITLED

Markus Oehlen
UNTITLED, 2008

Dieses Bild stach uns ins Auge. Als wir, die Kuratorinnen und Kuratoren des Kunsthauses, uns schon traditionell wieder auf der Art Basel trafen, wussten wir zunächst nicht, von wem es stammt. Das grossformatige Leinwandbild fällt durch seine starke Farbigkeit, ja fast aggressive Buntheit auf und das Hauptmotiv, das gnomenhafte Wesen mit stechend blickenden Augen und dem frechen Grinsen, springt einen förmlich an.

Markus Oehlen, der 1956 in Krefeld geborene deutsche Künstler (der jüngere Bruder des Malers Albert Oehlen), studierte nach einer Ausbildung als technischer Zeichner an der Kunstakademie Düsseldorf und lehrt heute an der Akademie der Bildenden Künste München Malerei und Grafik.

Die Stärke des Bildes liegt in der Montage von abstrakten Flächen, gerasterten Farbverläufen und der Figur, die sich gleichsam in einer weiter vorne liegenden optischen Ebene zeigt und dadurch grosse, fast physische Präsenz erreicht, jedoch nicht naturalistisch wirkt. Die Kombination von Zeichnung, gestischer Malerei, technoiden Rastern und dekorativen Mustern erinnert an die Bilder Sigmar Polkes im Kunsthaus. Im Gegensatz zu Polke scheint es Markus Oehlen aber weniger um das konzeptuelle und manchmal durchaus ironische Verbinden von ganz verschiedenen künstlerischen Techniken zu gehen, als um das Erzeugen einer abwechslungsreichen Bildstruktur mit einer erstaunlichen, fast schon aggressiven Präsenz – wohl auch eine Reminiszenz an die Punk-Bewegung, die den Künstler in den 1970er-Jahren prägte. Das im positiven Sinn befremdliche Bild besticht durch die Balance zwischen den verschiedenen Gestaltungsmitteln und verströmt eine rätselhaft-leuchtende Farbigkeit mit grosser Fernwirkung.

Das neue Werk ist eine markante Ergänzung der bedeutenden Gruppe deutscher Malerei der neueren Zeit und der Gegenwart in unserer Sammlung. Internationale Kunstmessen und Galerien, aber auch die Ateliers von Künstlerinnen und Künstlern und der direkte Kontakt im Zusammenhang mit Ausstellungsprojekten sind in der Regel die Quellen für die Erwerbungen des Kunsthauses: Das Team der Kuratorinnen und Kuratoren diskutiert Vorschläge, auch manchmal über einen längeren Zeitraum, stets vor dem Hintergrund der bestehenden Sammlung, die wir durch gezielte Akquisitionen weiter ausbauen und ihr Profil schärfen. Und gelegentlich macht sich unsere Begeisterung sozusagen schlagartig breit und führt, wie in diesem Fall – zu spontanen Erwerbungen.

Christoph Becker

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