Vorwort

Sehr Geehrte Mitglieder Der Zürcher Kunstgesellschaft

Nun ist es unübersehbar: Unsere Kunsthaus-Erweiterung geht mit grossen Schritten der Vollendung entgegen. Die Gerüste fielen im vergangenen Sommer, die gegliederte Steinfassade wurde sichtbar, die Kräne wurden abgebaut, die Baustelleninstallation auf dem gesamten Platz und vor dem bestehenden Kunsthaus ist verschwunden. Die Grossbaustelle entwickelte sich auch im Inneren weiter, mit nur wenigen Verzögerungen. Als der Chipperfield-Bau erstmals vor Augen stand, gab es eine positive Überraschung. Der kompakte Bau fügt sich nicht nur gut in das bestehende Gefüge der Bauten aus dem späten 19. und dem 20. Jahrhundert ein, sondern gibt in nobler Zurückhaltung dem Heimplatz eine neue städtebauliche Qualität. Ich darf Ihnen versprechen, dass auch das Innere ebenso eindrucksvoll und elegant sein wird, und wir alle sehen der Vollendung des Vorhabens mit Spannung entgegen. Es zeichnet sich ab, dass der Zeitplan der Eröffnung in Etappen im Jahr 2021 eingehalten wird. Es war richtig, die Gestaltung des Platzes vom Projekt der Kunsthaus-Erweiterung abzutrennen, denn eine vernünftige und ansprechende Gesamtgestaltung der Platzoberfläche wird sich wohl hinziehen, aber wir hatten vor zwei Jahren auch für den Platz vor unserer Tür eine Idee: Das vom Kunsthaus mit Unterstützung der Swiss Re lancierte Kunstprojekt der «Tastenden Lichter» von Pipilotti Rist, das in einer ersten Etappe für das Dach des Moserbaus und eines der Fassadenreliefs realisiert wurde, konnte in einer zweiten Phase im Rahmen der «Kunst und Bau»-Regelung in Angriff genommen werden und wird wie die Erweiterung im Jahr 2020 vollendet sein.

Die finanzielle Situation in den Jahren 2018 und 2019 war zweifellos schwierig, da die umfangreichen Baumassnahmen am Heimplatz und im Innern des Bestandsgebäudes den Standort vorübergehend wenig attraktiv machten und die Besucherzahlen zurückgehen liessen, obwohl das Ausstellungsprogramm und die begleitenden Aktivitäten durchaus anspruchsvoll und ansprechend blieben. Es war erfreulich zu sehen, dass mit der Aufhebung der Baustelle und dem Abbau der Bauzäune, sekundiert durch die attraktiven Ausstellungen im Herbst, die Besucherzahlen rasch anstiegen.

Die sehr komplexe Sanierung der IT konnte in Angriff genommen und weitgehend abgeschlossen werden, da aus dem Lotteriefonds des Kantons Mittel zur Verfügung gestellt wurden. Dieses Projekt ist essenziell für das reibungslose technische Funktionieren der alten und neuen Gebäudeteile und den höchstmöglichen Sicherheitsstandard angesichts der Werte, die in den Häusern aufbewahrt werden. Und auch eine neue Website ging nach intensiven Vorarbeiten online, mit der die vielfältigen Angebote besser vermarktet werden können.

Die Untersuchung der Provenienzen im Bereich der Grafischen Sammlung für Erwerbungen, die in den dreissiger und vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts getätigt wurden, machte dank der Anschubfinanzierung durch das Bundesamt für Kultur und einer eigens eingerichteten Stelle gute Fortschritte, nachdem die Sammlung der Gemälde und Skulpturen bereits in früheren Jahren gründlich erforscht und publiziert worden ist. Auch der nicht unerhebliche und bedeutende Bestand an Zeichnungen wurde einer Revision unterzogen und wird schrittweise digital erfasst.

Die vorausschauende, strategische Planung bei der Bildung von Reserven erwies sich als ein stabilisierender Faktor, der die voraussehbare Baisse mildern half und die schon sprichwörtliche Planungssicherheit für das ambitionierte Programm des Hauses garantierte. An dieser Stelle mein herzlicher Dank an den Vorstand für die Unterstützung und Umsicht in den vergangenen beiden Jahren. Bei den Besucherzahlen, die gegenüber dem Vorjahr um 18 Prozent anstiegen, ist ein Trendwechsel zu verzeichnen, wobei uns der Erfolg der Kokoschka-Retrospektive positiv überraschte. Aber auch andere Projekte liefen gut, zum Beispiel die Ausstellung mit Plastiken und Zeichnungen der Sammlung Hubert Looser, die einen Vorgeschmack bot für den Einzug der hochinteressanten Kollektion in den Chipperfield-Bau, oder die viel gelobte Ausstellung über den Maler und Zeichner Wilhelm Leibl am Ende des Jahres. Viele Ausstellungen des Kunsthauses gehen an andere Museen als zweite Station, ein Beweis für die hohe Qualität der kuratorischen Arbeit, das exzellente internationale Netzwerk und die Verlässlichkeit der Institution bei Kooperationen. Die Zahl der Führungen stieg markant an, auch wegen des grossen Interesses an der Baustelle der Kunsthaus-Erweiterung. Die einladend renovierte und optisch umgestaltete Eingangshalle stand ab September wieder zur Verfügung, was den Betrieb wegen der verbesserten Infrastruktur erheblich erleichtert.

Mein Dank geht an die Stiftung Zürcher Kunsthaus, die Kunstfreunde Zürich sowie an alle, die im Rahmen der Kunsthaus-Erweiterung tätig sind, das Projektteam, die Projektleiter, die Baukommission, das Hochbauamt der Stadt Zürich und die Einfache Gesellschaft Kunsthaus-Erweiterung für ihren unermüdlichen Einsatz. Nachdem im Jahr 2019 mehr als 95 Prozent der Vergaben am Bau erfolgt sind, zeichnet sich als klares Bild ab, dass der Kostenrahmen eingehalten wird.

Die Zahl der Mitglieder in der Zürcher Kunstgesellschaft erreichte im Herbst den höchsten Stand seit dem Jahr 2016, mit steigender Tendenz. Unsere Mitglieder, in einem der grössten Kunstvereine überhaupt, sind die sichere Basis für die erfolgreiche Tätigkeit der Institution, zusammen mit unseren Subventionsgebern, der Stadt Zürich und dem Kanton und zahlreichen Geldgebern aus der Wirtschaft, von Stiftungen und von privater Seite. Stellvertretend danke ich unseren langjährigen, verlässlichen Partnern Credit Suisse und Swiss Re für ihr Vertrauen und die gute Zusammenarbeit, aber auch den zahlreichen Firmen, die unsere Arbeit mit ihrer Projektunterstützung finanzieren helfen und buchstäblich anschieben. Wir haben in den letzten Jahren bei der Finanzierung des privaten Anteils der Kunsthaus-Erweiterung von über 80 Millionen Franken viel erreicht und sind, bis auf einen kleinen Rest, am Ziel, eine wahrhaft grosse Leistung und ein Zeichen des ausserordentlichen bürgerschaftlichen Engagements, das uns mit Dankbarkeit und Stolz erfüllt. Gegen Ende des vergangenen Jahres lief auch unsere Sammelaktion in der Breite an, und viele von Ihnen, liebe Mitglieder der Zürcher Kunstgesellschaft, werden mit Ihrer Spende unseren neuen und viel ausführlicheren Audioguide für das Kunsthaus ermöglichen. Dafür und für Ihre jährlichen Mitgliedsbeiträge danke ich Ihnen, und mehr noch: für Ihre anhaltende Unterstützung, Ihre Besuche des Kunsthauses und die aufmerksame Begleitung unserer Arbeit. Das Team des Kunsthauses hat die schwierige Phase, die hinter uns liegt, in Loyalität und Zuversicht bestanden, und wir alle freuen uns mit Ihnen auf die aufregenden Jahre, die nun kommen.

Walter B. Kielholz
Präsident

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