Bildnis Samuel Amsler

Daniel Albert Freudweiler
Bildnis Samuel Amsler, 1818–1821

Erschlossen wurde das «Römische Portraitbuch» Daniel Albert Freudweilers vor nicht allzu langer Zeit, im Jahr 2005, durch den Romantikspezialisten Stephan Seeliger.1 Noch bis vor Kurzem befand sich das «Portraitbuch», das diese Bezeichnung nur behelfsmässig trägt, in Privatbesitz und konnte durch glückliche Umstände unlängst erworben werden. Das Konvolut ist sowohl von dokumentarischem als auch von künstlerischem Wert: Die insgesamt 16 in Grafit ausgeführten männlichen Bildnisse Freudweilers, die lose in einer Mappe liegen, sind romantische Freundschaftsbilder in Reinform. Mehr noch, sie offenbaren die engen Verbindungen, die zwischen «Deutschrömern» und Schweizer Künstlern in der Ewigen Stadt bestanden.

Für den Wahl-Zürcher Freudweiler muss der Aufenthalt in Rom von Mai 1818 bis April 1821 in künstlerischer Hinsicht ungemein prägend gewesen sein. So besitzt das Kunsthaus gemalte Kopien nach Raffael,2 die an die Werke der damals ebenfalls in Rom tätigen Nazarener denken lassen. Die enge Verbindung zu jenen Künstlern ist besonders am Porträt des Kupferstechers und Landsmanns Samuel Amsler evident, dessen gezeichnetes Bildnis im «Römischen Portraitbuch» am überzeugendsten ausfällt. Amsler zählte mit seinen Reproduktionen zu einem der wichtigsten Unterstützer der nazarenischen Bewegung. Noch heute legendär sind Amslers Umrissradierung nach Johann Friedrich Overbecks Programmbild «Triumph der Religion in den Künsten» und sein gestochenes Porträt Carl Philipp Fohrs, das er nach einer zeichnerischen Vorlage Carl Barths schuf.

Sowohl Amslers und Freudweilers gemeinsame Herkunft – sie kannten sich bereits aus Zürich – als auch ihre Verbundenheit in künstlerischen Fragen werden sich vorteilhaft auf die Umsetzung des ausgesprochen innigen Freundschaftsbildnisses ausgewirkt haben. Aus dem Blick des Dargestellten spricht geballte Konzentration und Versonnenheit zugleich, die Verteilung von Licht und Schatten könnte ausgewogener nicht sein und mit minutiöser Detailverliebtheit ist jede einzelne Haarsträhne erfasst. Die Ausdruckskraft des Gesichtes wird zudem dadurch gesteigert, dass der Rest des Blattes nahezu weiss geblieben ist. Nur am Rande sei erwähnt, dass auch von Amsler selbst ein Porträtalbum existiert, das heute im Ashmolean Museum in Oxford aufbewahrt wird.3

Ausgehend von der engen Beziehung zu Amsler knüpfte Freudweiler Kontakte zu anderen Gleichgesinnten, etwa zu Carl Barth, Ferdinand Ruscheweyh oder Johann Michael Knapp. Sie alle sind in Freudweilers «Portraitbuch» verewigt worden. Hinzu kommen Porträts von Julius Schnorr von Carolsfeld oder Johann Christian Reinhart, die allerdings eher aus reiner Hochachtung der Bildnissammlung beigefügt worden sein dürften.

Wenngleich der Kunsthistoriker Seeliger mit seiner Erschliessung des Konvoluts wichtige Gundlagenforschung betrieben hat, so konnten doch nicht alle der 16 Porträtierten endgültig identifiziert werden. Seeliger orientierte sich zu Recht an Hans Gellers Standardwerk zu den «Bildnissen der deutschen Künstler in Rom»4, doch Gesichter bleiben wandelbar, immer fliesst in Bildnissen auch die innere Teilhabe des jeweiligen Porträtisten mit ein. Endgültige Sicherheit wird es daher nur in einigen der noch zu klärenden Fälle geben. Das tut der hohen zeichnerischen Qualität der Blätter freilich keinen Abbruch. Die Identität der Dargestellten wäre allenfalls aus kunsthistorischer Warte ein erfreuliches Surplus.

Jonas Beyer

1Stephan Seeliger, «Daniel Albert Freudweilers ‹Römisches Portraitbuch›», in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, Bd. 62, Heft 2 (2005), S. 61–72.
2Vgl. die Ölgemälde «Engel mit Tafel» (Inv. Nr. 243) und «Musizierender Engel (Inv. Nr. 1361).
3 artfund.org/supporting-museums/art-weve-helped-buy/artwork/2572/album-of-portrait-drawings (zuletzt abgerufen: 04.02.2020)
4Hans Geller, Die Bildnisse der deutschen Künstler in Rom 1800–1830, Berlin 1952.

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