A Moon in Ramallah is a Star in Hebron

Ella Littwitz
A Moon in Ramallah is a Star in Hebron, 2017

Seit 2006 wird der renommierte Kunstpreis der Dr. Georg und Josi Guggenheim-Stiftung verliehen. Bis 2017 wurden damit junge Schweizer Künstlerinnen und Künstler ausgezeichnet, die anlässlich der Swiss Art Awards-Präsentation in Basel von einer Jury ausgewählt wurden. Der Preis gab den Künstlerinnen und Künstlern die Möglichkeit, eine Publikation zu realisieren und ihre Arbeit in einer Ausstellung zu präsentieren. Zudem wurde jeweils ein Werk von der Guggenheim-Stiftung angekauft und dem Kunsthaus als Geschenk übergeben.

Im Jahr 2017 hat die Stiftung entschieden, den Preis neu zu strukturieren und auszurichten. Vor dem Hintergrund der Geschichte des jüdischen Kunstsammler-Ehepaars Dr. Georg und Josi Guggenheim, das die verhärteten Fronten im Nahen Osten zeitlebens mit Besorgnis beobachtet und sich entsprechend seinen Möglichkeiten für den Friedensprozess eingesetzt hatte, wurde der Guggenheim-Preis in ein Atelier-Austauschprogramm umgewandelt. Jährlich alternierend wird eine Künstlerin / ein Künstler aus der Schweiz und aus einem Land des Nahen Ostens ausgezeichnet und die Preisträgerinnen und Preisträger verbringen drei Monate im jeweils anderen Land. Die Schenkung eines Werkes an das Kunsthaus Zürich bleibt erhalten. Damit rückt die Idee des Dialogs, die für das Ehepaar Guggenheim so zentral war und die in der heutigen politischen Landschaft leider immer schwieriger wird, in den Fokus des Preises.

Die erste Künstlerin, die mit ihrer Familie zu einer Residency in die Schweiz eingeladen wurde, war Ella Littwitz. Sie wurde 1982 in Haifa geboren und lebt und arbeitet in Tel Aviv. Die Künstlerin befasst sich in ihren Werken mit der Territorialisierung und Konstruktion von Grenzen sowie den oft instabilen Regeln, die diese Grenzziehungen verursachen. Sie greift dabei gerne auf Geschichte(n) zurück, die einen Bezug zu ihrem Heimatland Israel haben und die sie in langwierigen Recherchen findet. Es handelt sich dabei häufig um vergessene oder von der offiziellen Geschichtsschreibung ausgeblendete Episoden, die sie als Ausgangspunkt oder zur Verdichtung ihrer eigenen Arbeit verwendet. Die Verschränkung von Aktualität und Historie erlaubt es ihr, stereotypisierte Darstellungen zu hinterfragen und neue Perspektiven auf die komplexe politische Realität zu eröffnen.

Für die Installation «A Moon in Ramallah is a Star in Hebron» (2017) arbeitete Ella Littwitz mit einer Gruppe arabischer Frauen zusammen. Diese stickten die Grundrisse alter Mühlen in der Region des Amud-Flusses, die im Laufe der Jahre mehrmals ihre Funktion und politische Zugehörigkeit änderten. Die Bauwerke waren zuerst palästinensische Mehlmühlen, dann jüdische Walkmühlen und schliesslich wieder palästinensische Mehlmühlen. Während die Stickerei-Technik traditionelles palästinensisches Handwerk ist, zeigt die kartografische Symbolik den europäischen Einfluss. Die Arbeit macht deutlich, wie komplex die Geschichte der Region ist und wie eng verwoben die Kultur von Israelis und Palästinensern. Der Titel verweist auf die unterschiedlichen Referenzsysteme der Symbole in Israel und Palästina, liest sich aber wie eine viel weiter gefasste Metapher für die Ähnlichkeiten und Unterschiede, die diesem komplexen kulturellen Schmelztiegel zugrunde liegen.

Mirjam Varadinis

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