Restaurierung

2019 reisten insgesamt 214 Sammlungswerke an 64 verschiedene Ausstellungen in auswärtigen Museen, die vorgängig in der Restaurierungsabteilung für Transport und Präsentation vorbereitet wurden. Es wurden insgesamt 242 Leihanfragen für externe Leihgaben bearbeitet. Hinzu kam die Kontrolle und konservatorische Betreuung von 992 Werken, die in verschiedenen Ausstellungen im Kunsthaus gezeigt wurden. Hier waren alle Disziplinen der Restaurierungsabteilung regelmässig im Einsatz.

Gemälde, Skulpturen und Medienkunst

Ausstellungen, die ausschliesslich mit eigenen Werken bestückt werden, bieten stets eine gute Gelegenheit, eine Vielzahl kleinerer bestandserhaltender Massnahmen umzusetzen und die Zustandsdokumentation für diese Werke auf den aktuellen Stand zu bringen. Eine solche Ausstellung war in diesem Jahr die «Stunde Null», in der viele der 72 Werke zum ersten Mal seit langer Zeit wieder gezeigt wurden. Ein weiteres grosses Konvolut an Kunsthaus-Werken wurde für die Ausstellung «Fly me to the Moon» vorbereitet, insbesondere die 32 Werke, die anschliessend noch an die zweite Station ans Museum der Moderne in Salzburg weiterreisten. Darunter war auch das grossformatige Gemälde «Formes circulaires, Soleil, lune» von Robert Delaunay. Hier waren umfangreichere konservatorische und präventive Massnahmen, wie z. B. ein Schwingschutz, notwendig. Zugleich wurden an diesem Werk auch einige ästhetische Verbesserungen und eine Oberflächenreinigung durchgeführt. Relativ aufwendige Vorbereitungen waren auch an den Leihgaben für die Vallotton-Retrospektive in der Royal Academy London und dem Metropolitan Museum of Art in New York nötig.

Auch in diesem Jahr konnten diverse Restaurierungen mit Hilfe von Sponsoringgeldern ermöglicht werden: Das «Schaulabor» im EG Müller war im Zusammenhang mit der Reihe «Installationen I, II, III» noch bis im April besetzt; Arbeiten von Phyllida Barlow, Dennis Oppenheim und auch das Werk «Falsche Götzen» von Fischli / Weiss wurden (hier) in diesem Jahr abschliessend bearbeitet und restauriert.

Im Juni startete das Restaurierungsprojekt am Werk «Pétales et jardin de la nymphe Ancolie» von Max Ernst, teilweise in Kollaboration mit der Hochschule der Künste in Bern. Dieses Werk soll mit der Eröffnung der Erweiterung Einzug in die dortige Bar halten.

Zudem begann im Juli die umfassende Restaurierung von Hans Jakob Oeris «Chloe», die Ende Dezember fertiggestellt wurde. Die aufwendigen Arbeiten an Firnis und an durch verschiedene Generationen veränderten Retuschen und weiteren alten Restaurierungen beruhigten das unschöne und unruhige Erscheinungsbild und brachten die hohe Qualität dieses wichtigen Werkes wieder voll zur Geltung. In diese Projekte reiht sich zudem die Restaurierung der Bronzeskulptur «Jean d’Aire» von Auguste Rodin. Mit der Kaltwachskonservierung der stark bewitterten Oberfläche konnte diese vereinheitlicht werden; sie behielt aber dennoch ihre Farbigkeit und Rauheit, entstanden durch die lange Zeit im Freien.

Das Jahr 2019 war auch für den Fachbereich Skulptur ein aufregendes Jahr. Besondere Beachtung erhielt dabei das «Höllentor» von Auguste Rodin, das vor seiner Rückversetzung an den ursprünglichen Standort rechts neben dem Haupteingang noch gereinigt und konserviert (gewachst) wurde. Im Herbst konnte dadurch dann auch die Arbeit «Miracolo» von Marino Marini wieder an ihren ursprünglichen Platz im «Krautgarten» zurückversetzt werden. Auch eine weitere Aussenskulptur, «Kyoto» von Jean Tinguely, rückte wieder in den Fokus: Für eine erfolgreiche Erhaltungsstrategie mussten langfristige Erhaltungskonzepte definiert und umgesetzt werden, wofür das Museum Tinguely seine Kooperation angeboten hat.

Mit der grossen Skulpturen-Ausstellung «Matisse – Metamorphosen» führte unser neuer Skulpturenrestaurator neue Standards für die reversible Objektsicherung ein, auf die zukünftig, neben der Bestandspflege des ausgestellten Skulpturenbestandes, ein weiterer Schwerpunkt gesetzt werden soll.

Nachdem im letzten Jahr im Bereich der Medienerhaltung bereits vorzügliche Vorarbeit in Bezug auf die Inventur der Mediensammlung, Erarbeitung von Erfassungsrichtlinien und Erstellen einer Namenskonvention für Archivdateien geleistet wurde, erhielten wir dieses Jahr eine grundlegend verbesserte Datenintegritätsprüfungs-Software. Dies war der Startschuss zur Langzeitspeicherung von digitalisierten oder digital angekauften Werken im eigenen Haus; ab dem Sommer konnte mit dem Einspeisen von Digitalisaten in den Archivserver begonnen werden. Der Ingest aller im Haus vorhandenen Werke wird allerdings weniger schnell vorangehen als erhofft und wohl einige Jahre in Anspruch nehmen. Dies hängt mit der schieren Menge zusammen, aber auch mit dem Zustand der Werke oder der Fülle von digitalen Dateien eines einzelnen Werks und ihres teilweise unklaren Status. Weiterhin werden die analogen Videobänder vom Atelier für Videokonservierung digitalisiert; neu wird die Qualitätskontrolle nun aber von der Restaurierungsabteilung übernommen, was auch die Datenbankpflege und Dokumentation miteinschliesst.

Tobias Haupt, Kerstin Mürer, Patrick Decker

Kunstwerke auf Papier und Fotografie

Im Fachbereich der Kunstwerke auf Papier bis Ende des 19. Jahrhunderts sind besonders die Vorbereitungen für die Ausstellungen «Die Poesie der Linie» und «Stunde Null» aus dem Bestand der Grafischen Sammlung zu den Themen Provenienzforschung und den italienischen Meisterzeichnungen zu erwähnen. Historische Rückseiten sowie Passepartouts wurden dafür unter die Lupe genommen und ausgewertet; wichtige Informationen bestimmter Montagen wurden dementsprechend aufbewahrt. So wurde z. B. die originale Rückseite des Werks «Riss für Rundscheibe mit der Opferung Isaaks» von Hans Caspar Lang dem Älteren (1571–1645) in der Ausstellung neben einem Faksimile der Vorderseite der Provenienz-Spuren wegen gezeigt. Danach erhielt das Werk ein archivtaugliches Passepartout mit Einlage, sodass die Rückseite zukünftig für Wissenschaftler zugänglich bleibt. Alte Montagen ohne historische Bedeutung wurden jedoch entfernt und ersetzt.

Die Ausstellung «Die Neue Fotografie. Umbruch und Aufbruch 1970 –1990» mit zahlreichen Exponaten aus der Fotosammlung gab ebenfalls Anlass, die eigenen Bestände zu untersuchen, zu konservieren und zu dokumentieren. Bei Fotografien aus diesem Zeitraum liegen die restauratorischen Herausforderungen einerseits in den teils experimentellen Herstellungstechniken und Formaten und andererseits in künstlerisch intendierten Präsentationsformen, die Künstlerrahmen oder auch unverglaste sowie installative Präsentationen umfassen können. Mit Künstlern und Nachlassverwaltern wurden Interviews geführt, unser Archiv um wertvolle Informationen ergänzt, die Präsentationen werkgetreu in restauratorisch-kuratorischer Zusammenarbeit konzipiert und mit dem technischen Team umgesetzt. Dabei mussten Vorstellungen verlassen und teils unkonventionelle Methoden gewählt werden wie bei Felix Stephan Hubers grossformatiger Arbeit «Selbstporträt in 3 Bildern III. Kopf». Dort gehören Fussspuren, langfristig eine leichte Veränderung der Tonalität sowie eine möglichst unprätentiöse Wandinstallation integral zur Arbeit. Die kunst- und materialtechnologischen Erkenntnisse wurden beim «Wochenende der Grafik» vorgestellt. Vorgängig zog die Fotosammlung ein weiteres Mal im Haus um, womit zugleich auch der anstehende grössere Umzug in den Erweiterungsbau vorbereitet werden konnte.

Eine längerfristig in internationaler Zusammenarbeit mit Restauratoren an Grafischen Sammlungen durchgeführte Recherche konnte mit einem Konzept für ein neues Standard-Wechselrahmensystem abgeschlossen werden. Der darauf basierende, gemeinsam mit der Grafischen Sammlung ausgewählte und nun eingeführte Rahmentyp erfüllt aktuellste konservatorische Standards bei Leihverkehr und Ausstellung und bietet zudem Variabilität in der Präsentation der Bestände von der Renaissance bis in die Gegenwart.

Eva Glück, Jean Rosston

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