Sammlung

In zwei Bereichen war das erweiterte Kunsthaus im Berichtsjahr bereits konkret Auslöser für Aktivitäten bei der Präsentation der Sammlung: Ziel der im Moserbau gezeigten Ausstellung «Magritte, Dietrich, Rousseau – Visionäre Sachlichkeit» (9.3.–2.9.2018) war es, die entsprechenden, zum Teil lange nicht gezeigten Sammlungsbestände zu sichten, nicht zuletzt im Hinblick auf deren Verwendbarkeit im Rahmen des erweiterten Kunsthauses.

INSTALLATIONEN

Dies war auch im Kontext eines zweiten grösseren Tätigkeitsfeldes von Bedeutung, der Reihe von Sammlungspräsentationen zum Thema «Installationen»: Sie wurden – in intensiver Kooperation mit der neu von Kerstin Mürer geleiteten Restaurierungsabteilung – insbesondere durch Mirjam Varadinis kuratiert, der Leiterin der Grafischen Sammlung und Ausstellungskuratorin mit Schwerpunkt neueste und Gegenwartskunst. Grundidee war hier, im von den Gemälden von Georg Baselitz, Anselm Kiefer, A. R. Penck und Sigmar Polke geleerten grossen Saal im ersten Stock des Müllerbaus eine Reihe von z. T. sehr raumgreifenden Installationen aus der Sammlung, die sonst aus Platzmangel nicht gezeigt werden können, zu präsentieren. Zugleich wurden diese und weitere Installationen restauratorisch gesichtet und wo nötig instand gesetzt. Im Rahmen dieses mehrstufigen Projekts wurden im Berichtsjahr Werke von Carl Andre, Dan Flavin, Donald Judd, Richard Long, Bruce Nauman, Fischli / Weiss, Carsten Höller, Susann Walder und Costa Vece bearbeitet und präsentiert. Weitere folgen Anfang 2019. Die Kooperation zwischen dem Sammlungsteam einerseits und dem Restaurierungsteam andererseits war sehr erfolgreich, wichtige Sammlungswerke konnten für eine Nutzung im Erweiterungsbau vorbereitet werden. Es wird sehr interessant sein, ab der Eröffnung des Erweiterungsbaus die grosse und qualitätvolle Sammlung installativer Kunst endlich angemessen zeigen und erleben zu können. Weitere Sammlungshängungen im Berichtsjahr umfassten eine Präsentation zum Thema «Krieg und Frieden», die Werke von der frühen Neuzeit bis zur Gegenwart einbezog.

SAMMLUNG ONLINE

Ein weiteres wichtiges Thema waren im Berichtsjahr die von Milena Oehy sowie Barbara Weber ausgeführten Vorarbeiten am vom Bund unterstützten Projekt Sammlung Online, die im ersten Trimester 2019 auf der Basis der neu implementierten Sammlungsdatenbank via die Website des Kunsthauses nutzbar werden sollte. Zusammen mit dem aktuellen Relaunch der Kunsthaus-Website wird dies der Sammlung eine ganz neue digitale Präsenz verleihen. Bereits online ist aufgrund der vorbereitenden Arbeiten von Aline Rinderer die neue Website der Alberto Giacometti-Stiftung. Sie enthält neu farbige Abbildungen eines Grossteils der (zum grössten Teil ja im Kunsthaus aufbewahrten und verwalteten) Werke der Stiftung und ist auf www.giacometti-stiftung.ch erreichbar.

SCHENKUNGEN

Sehr erfreulich war das Berichtsjahr sodann hinsichtlich des Zuwachses an Sammlungswerken. Dies ist in erster Linie einer Reihe bedeutender Schenkungen zu verdanken: An erster Stelle zu erwähnen ist der mit der Schweiz seit Studientagen verbundene norwegische Unternehmer, Kunstsammler und Mäzen Christen Sveaas, der dem Kunsthaus eine Reihe von hochkarätigen Werken von Johan Christian Dahl (1788–1857) geschenkt hat, dem grossen romantischen Landschaftsmaler seines Heimatlandes. Insgesamt sind es 18 Gemälde und eine Gouache Dahls, der lange in Dresden lebte und mit Caspar David Friedrich befreundet war. Dazu kommen noch je ein Bild von Dahls begabten Schülern Peder Balke (1804–1887) und Thomas Fearnley (1802–1842). Dank dieser wertvollen und umfangreichen Donation wird die Kunsthaus-Sammlung auf dem Gebiet der nordeuropäischen Malerei der Romantik markant und nachhaltig gestärkt. Die Schenkung gab Anlass zur einer kleinen Ausstellung, die auch Altmeister-Bilder der Sammlung von Künstlern einbezog, die für Dahl bedeutungsvoll waren.

Eine weitere grosszügige Schenkung ergänzt diese wunderbare Gruppe norwegischer Landschaftsmalerei: Es handelt sich um ein Gemälde von Knud Andreassen Baade von 1855, das einen norwegischen Fjord bei Mondschein darstellt und von Margit und Rolf Weinberg geschenkt wurde. Es stösst zu zwei bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts in die Sammlung gelangten Bildern Baades. Auf diese Weise verfügt das Kunsthaus – das ja bereits die umfangreichste Sammlung von Gemälden Edvard Munchs ausserhalb Norwegens zeigen kann – nun insgesamt über eine sehr gehaltvolle Abteilung norwegischer Malerei des 19. und 20. Jahrhunderts.

Als Nächstes erwähnt sei die von Dr. Marie-Thérèse von Tscharner-Lüthi geschenkte Gruppe von sieben schönen Gemälden des in der Sammlung zuvor bereits mit zwölf Bildern vertretenen, 1886 in Lemberg geborenen und 1946 in Zürich gestorbenen Malers Johann Wilhelm von Tscharner. Eines davon – eine überraschende Komposition, die eine kubistische Struktur mit einem gegenständlich gemalten Blatt kombiniert – ist im Abbildungsteil zu bewundern. Doch damit nicht genug: Denn zusätzlich erhielt die Sammlung, vermittelt durch die Galerie Rosenberg, Zürich, von Diana Amrein-Stadelmann zwei wunderbare kleine Skulpturen aus ungebranntem Ton des legendären Künstlerduos Fischli / Weiss geschenkt: Im Rahmen ihres bekannten Projekts «Plötzlich diese Übersicht» schufen die beiden Künstler eine grosse Gruppe kleinformatiger Skulpturen aus ungebranntem Ton. 1981 erstmals ausgestellt, bilden diese Werke eine reichhaltige skulpturale Enzyklopädie des nur scheinbar Nebensächlichen. Aus diesem bedeutenden Ensemble hat das Kunsthaus nun die beiden Werke «Froh zu sein bedarf es wenig…» und «Beliebte Fussspuren: Yeti» erhalten. Je ein weiteres Werkgeschenk erhielt die Sammlung von Dr. René V. Meier und von Abbott Chrisman. Wir danken allen Schenkgebenden (zu denen auch diejenigen gehören, die Werke an die Grafische Sammlung geschenkt haben, siehe dort) sehr für diese wesentlichen Bereicherungen unserer Sammlung.

ANKÄUFE

Was die Ankäufe anbelangt, wird eine Reihe der schönsten zusammen mit Beispielen aus der Grafischen Sammlung im Bildteil vorgestellt und zum Teil kommentiert. Erwähnt sei hier insbesondere die vorzügliche, von der Galerie Rosengart, Luzern, angebotene kleine Ölstudie Edouard Vuillards zu dessen bereits im Kunsthaus befindlichem Hauptwerk «Le Grand Intérieur aux six personnages» von 1897. Sodann zwei Ankäufe, die für das – vor allem aus den Reihen der viel mit Gegenwartskunst arbeitenden Kuratorinnen – lancierte Bestreben stehen, vermehrt auch Werke aus dem aussereuropäischen und nicht zuletzt afrikanischen Raum anzukaufen. Zu nennen wären hier z. B. Tracey Rose, eine schwarze Südafrikanerin, mit ihrer Installation «A Dream Deferred (Mandela Balls)», 2013 – fortlaufend, oder das grosse bemalte Segel der ägyptischen Künstlerin Anna Boghiguian. Mirjam Varadinis vertieft diese Thematik in ihrem Text zum Ankauf des Werks von Tracey Rose. Diese Ankäufe zeigen, dass Kunstszenen, die früher als «peripher» galten, nun auch im Kunsthaus ins Zentrum der Aufmerksamkeit wandern. Wird dafür entsprechend das früher als zentral Erlebte peripher? Das hoffen wir nicht; was wir uns aber erhoffen, woran wir arbeiten, ist ein Kunsthaus, das zeigt, dass alle Kunst zentral ist, die begeistert, berührt und herausfordert, die unseren Blick erweitert und die uns und unsere Besucherinnen und Besucher durch ihre Einmaligkeit und Kraft zu überzeugen vermag.

Kommen wir abschliessend zum Leihverkehr: Insgesamt wurden bei 56 Transporten im In- und Ausland 103 Sammlungswerke ausgeliehen. Die Alberto Giacometti-Stiftung lieh 23 Werke aus.

Philippe Büttner

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